Familienrecht: Kann eine Ehe ohne Anhörung eines Beteiligten geschieden werden?

Aus dem Familienrecht informiert die Kanzlei Witten aus Hamburg Harburg:

Familienrecht: Kann eine Ehe ohne Anhörung eines Beteiligten geschieden werden?

Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg zu befassen (Beschluss vom 13.05.2020, Aktenzeichen: 13 UF 20/20)

Grundsätzlich müssen vor einer Ehescheidung beide Beteiligten angehört werden. Wenn dies nicht geschieht, stellt dies einen schweren Verfahrensmangel i.S.v. § 117 II FamFG i.V.m. § 538 II ZPO dar. Ein solcher schwerer Mangel kann zur Aufhebung und Zurückverweisung führen.

Anders ist dies natürlich, wenn die Anhörung zu Recht unterblieben ist. So war es auch in dem vorliegenden Fall.

Der Ehemann stellte im Juli 2016 den Antrag, die Ehe zu scheiden. Als Trennungszeitpunkt gab er Januar 2015 an. Die Ehefrau bestätigte den Trennungszeitpunkt in einem Schriftsatz an das Gericht.

Zwischenzeitlich ruhte das Verfahren, da die Beteiligten eine außergerichtliche Einigung über den nachehelichen Unterhalt erzielen wollten.

Sodann wurde Termin für Oktober 2019 anberaumt. Dieser wurde aufgrund einer Krebserkrankung des Ehemannes auf Januar 2020 verschoben. Bereits im Dezember 2019 teilte der Ehemann schriftlich mit, dass er gesundheitlich nicht in der Lage sein würde, den Termin im Januar wahrzunehmen. Daraufhin wollte die Ehefrau nicht mehr geschieden werden. Sie vermutete, es sei dem Ehemann aufgrund seiner Krankheit nicht mehr an einer Scheidung gelegen. Gleichwohl bestehe sie deshalb auf seine persönliche Anhörung.

Der Ehemann gab daraufhin eine schriftliche und handschriftlich unterschriebene Erklärung beim Gericht ab, dass er weiterhin geschieden werden wolle.

Im Termin im Januar 2020 erschien sodann die Verfahrensbevollmächtigte des Ehemannes, der Ehemann selbst aber nicht. Die Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau beantragte, den Antrag auf Ehescheidung zurückzuweisen.

Das Amtsgericht sah aufgrund des langen Getrenntlebens allerdings kein Problem in der Abwesenheit des Ehemannes und die Ehe wurde geschieden. Gegen den Beschluss legte die Ehefrau Beschwerde ein, die vor dem OLG Oldenburg landete.

Das OLG führte aus, dass sich für das Scheitern der Ehe eine unwiderlegbare Vermutung ergebe, wenn die Ehegatten bereits seit mindestens drei Jahren getrennt leben. Zumal der Trennungszeitpunkt auch von der Ehefrau bestätigt wurde. Überdies konnte die Ehefrau keine Anhaltspunkte nennen, an denen sie ihre Vermutung festmachte, dass der Ehemann nicht mehr geschieden werden wolle. Neben seiner schriftlich abgegebenen Erklärung, spreche außerdem der aufrechterhaltene Scheidungsantrag für das Fortbestehen des Scheidungswunsches.

Das OLG hat die Beschwerde der Ehefrau ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht wünschen, steht Ihnen die Kanzlei Witten aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung.