Familienrecht: Kann eine Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden?
Aus dem Familienrecht informiert die Kanzlei Witten aus Hamburg-Harburg:
„Kann eine Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden?“
Mit dieser Frage hatte sich zunächst das Amtsgericht Oldenburg und sodann das Oberlandesgericht Oldenburg (Beschluss vom 27.04.2018, Aktenzeichen 4 UF 44/18) zu beschäftigen.
Grundsätzlich kann eine Ehe erst nach Ablauf des Trennungsjahres auf Antrag geschieden werden. Das Trennungsjahr läuft, wie der Name schon sagt, ab Zeitpunkt der Trennung ein Jahr.
Vor Ablauf des Trennungsjahres kann eine Ehe gem. § 1565 II BGB nur dann geschieden werden, „wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde“. Dies ist an sehr enge Voraussetzungen geknüpft.
Im vorliegenden Fall bestand die Ehe seit 26 Jahren, und das Getrenntleben fand jedenfalls seit dem 23.09.2017 statt.
Das Amtsgericht Oldenburg hatte die Ehe bereits am 13.02.2018 geschieden, und somit vor Ablauf des Trennungsjahres.
Zur Begründung führte es aus, dass die Fortsetzung der Ehe für die Antragstellerin aus Gründen, die in der Person des Antragsgegners liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Während der Ehezeit habe der Ehemann die Ehefrau mehrfach beleidigt und teilweise tätlich angegriffen, indem er sie immer wieder geschlagen und gekniffen habe. Die Ehefrau führte aus, dass sie „psychisch kaputt“ sei, und das Verhalten nach 26 Jahren nicht mehr ertrage.
Zuletzt erlitt sie, nachdem der Ehemann sie heftig geschüttelt hatte, einen Krisenanfall, woraufhin ein Krankenwagen gerufen werden musste.
Auch die Kinder sagten als Zeugen aus, dass der Ehemann sich wie ein Pascha verhalten habe, und es mehrfach zu Beleidigungen und Gewalt gegenüber der Mutter gekommen sei.
Sowohl das Amtsgericht Oldenburg als auch das Oberlandesgericht Oldenburg glaubten der Ehefrau und sahen die Voraussetzungen als gegeben an, um die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres zu scheiden.
Dass der Ehemann in seiner Beschwerde angab, bei den Beleidigungen seien kulturelle Übersetzungsfehler gemacht worden, glaubte das Oberlandesgericht hingegen nicht. Dass ein Rettungswagen gerufen werden musste, mache auch deutlich, wie stark die Ehefrau psychisch unter dem Verhalten des Ehemannes gelitten habe.
Sollten Sie noch mehr Fragen haben oder Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht wünschen, steht Ihnen die Kanzlei Witten aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung.