Richtet sich die Nutzungsvergütung für die gemeinsame Immobilie immer nach der ortsüblichen Miete?

Kanzlei Witten aus Hamburg-Harburg informiert aus dem Familienrecht:

„Richtet sich die Nutzungsvergütung für die gemeinsame Immobilie immer nach der ortsüblichen Miete?“

Mit dieser Frage hatte sich zunächst das Amtsgericht Ravensburg zum Aktenzeichen 8 F 134/22, mit Beschluss vom 06.07.2022, und im Anschluss das Oberlandesgericht Stuttgart zum Aktenzeichen 18 UF 97/22, mit Beschluss vom 13.07.2023, zu befassen.

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Ehepaar, welches getrennt voneinander lebte. Sie hatten eine gemeinsame Immobilie, die jeweils zur Hälfte den Eheleuten gehörte.

Nachdem sich die Eheleute voneinander getrennt hatten, zog der Ehemann aus der gemeinsamen Immobilie aus, und die Ehefrau lebte dort weiterhin mit den drei minderjährigen Kindern.

Anspruch auf hälftige ortsübliche Miete?

Grundsätzlich kann eine Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens gefordert werden. Je nachdem, ob es um den Zeitraum von der Trennung bis zur Scheidung geht, oder den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung, kommen unterschiedliche Anspruchsgrundlagen in Betracht. Da es vorliegend um den Zeitraum vor der Scheidung geht, war § 1361b BGB anwendbar.

Da der Ehemann im Ergebnis eine Immobilie (zur Hälfte) besaß, die er jedoch selbst nicht nutzen konnte, da seine Frau mit den minderjährigen Kindern dort lebte, machte er eine Nutzungsentschädigung gemäß § 1361b BGB geltend. Er verlangte die Hälfte der ortsüblichen Miete.

Das Amtsgericht Ravensburg gab in seinem Beschluss dem Ehemann im wesentlichen Recht. Hiermit war die Ehefrau jedoch nicht einverstanden, und wendete sich mit ihrer Beschwerde an das Oberlandesgericht Stuttgart.

Vorliegend: Gar kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung

Das Oberlandesgericht Stuttgart sah den Fall jedoch anders als das Amtsgericht Ravensburg und gab nicht dem Ehemann, sondern der Ehefrau Recht. Es führte aus, dass es nicht der Billigkeit entsprechen würde, wenn der Ehemann die Hälfte der ortsüblichen Miete als Nutzungsentschädigung bekäme.

Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe der hälftigen ortsüblichen Miete, so wie vom Ehemann gefordert. Allerdings müssten auch immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. In diesem Fall wären dies die Leistungsfähigkeit der Ehefrau, Unterhaltspflichten und die allgemeinen Einkommensverhältnisse beider Ehegatten.

Im Ergebnis verneinte das Oberlandesgericht Stuttgart somit den Anspruch des Ehemannes auf eine Nutzungsentschädigung, da dies unter Berücksichtigung der genannten Punkte nicht der Billigkeit entspräche.

Für weitere Fragen oder mehr Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht, steht Ihnen die Kanzlei Witten aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung.