Erbrecht- Focus-online: Zugriff auf den Facebook – Account der Eltern ihrer verstorbenen Tochter

Der Focus-Online hat am 31.05.2017 über ein Urteil des Kammergerichts Berlin zum Aktenzeichen 21 W 23/16 berichtet.

Das Gericht hatte darüber zu entscheiden, ob die Eltern eines im Jahre 2012 verstorbenen Mädchens, das an einem U-Bahnhof von einem einfahrendem Zug tödlich verletzt worden war, Zugriff den Facebook-Account der Tochter erhalten können.

Dies war den Eltern wichtig, da sie die Chatnachrichten der Tochter lesen wollten, um herauszufinden, ob es sich bei dem Tod gegebenenfalls um einen Suizid gehandelt haben könnte.

Facebook hat das Anliegen der Eltern verweigert und auf den Datenschutz verwiesen. Da von der Offenlegung der Chats auch die Nutzer betroffen sein würden, die mit dem Mädchen damals gechattet hatten.

Das Gericht hat entschieden, dass Facebook die Chatmitteilungen nicht offen legen müsse. Dabei würde es nicht darauf ankommen, ob ein Facebook-Account vererbbar sei. Vielmehr war vorliegend das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz zu beachten, dass einer Veröffentlichung entgegenstehen würde.

Zwar sei das Fernmeldegeheimnis damals für Telefonanrufe geschaffen. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gelte dies jedoch auch für Emails, die auf den Servern gespeichert seien. Nach den Begründungen des Gerichts gelte das Fernmeldegeheimnis daher auch für die Chats, die sich Nutzer auf Facebook gegenseitig schreiben.

In Ausnahmen des Fernmeldegeheimnisses würden für den vorliegenden Fall nicht vorliegen. Auch das Totenfürsorgerecht der Eltern würde ein Anspruch auf Zugang zu dem Facebook-Account der verstorbenen Tochter nicht begründen.

Die Eltern des Mädchens zeigten sich sehr enttäuscht von dem Urteil und ziehen in Erwägung, den Rechtsstreit in nächster Instanz fortzusetzen.

Facebook begrüßte das Urteil grundsätzlich. Es wurde aber trotzdem Mitgefühl gegenüber der Familie ausgedrückt und nach einer Lösung gesucht werden.

Der Deutsche Anwaltsverein hat das Urteil dahingehend kommentiert, dass der Gesetzgeber nunmehr in der Pflicht sei, das Telekommunikationsgesetz zu ändern und für Klarheit zu „schaffen“. Der Deutsche Anwaltsverein ist der Meinung, „dass das Fernmeldegeheiminis dem Erbrecht nicht entgegenstehen dürfe“.

Um eine einheitliche Rechtslage zu schaffen, müsse das Fernmeldegeheimnis hinter dem Erbrecht zurücktreten. Ein Erbe könne schließlich auch ohne Weiteres die Briefe eines Verstorbenen lesen, wenn die z.B. sich in der Wohnung befinden. Auch hier würden die Rechte Dritter betroffen sein, mit denen der Briefwechsel erfolgt war.

Das Kammergericht erklärte zur grundsätzlichen Vererbbarkeit eines Facebook-Profils, dass es dies grundsätzlich für möglich halte und Erben gegebenenfalls in die Rechte und Pflichten des Vertrages mit Onlinenetzwerken eintreten können.

Diesbezüglich muss jedoch die weitere Rechtsprechung abgewartet werden.

Die Rechtsanwälte Gabriele Witten und Mareike Paetow aus dem Harburger Binnenhafen vertreten Sie auf dem gesamten Gebiet des Erbrechts und beraten Sie gern bei der Abfassung Ihres persönlichen Testamentes.