Erbrecht: Das Internetportal NWZ Gide hat einen interessanten Artikel zum Thema Bindungswirkung von Ehegattentestamenten veröffentlicht.

Aus dem Erbrecht:Bindungswirkung von Ehegattentestamenten

Grundsätzlich herrscht in Deutschland die sogenannte Testierfreiheit. Das bedeutet, dass man über sein Vermögen frei verfügen kann beziehungsweise beliebige Personen zu Erben oder auch Vermächtnisnehmern einsetzen kann. Nach Errichtung eines Testamentes besteht jederzeit die Möglichkeit, das Testament zu widerrufen oder ein neues Testament zu errichten.

Für nahe Verwandte, wie Ehegatten, Kinder oder Eltern gibt es in bestimmten Fällen das sogenannte Pflichtteilsrecht. Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Es gibt jedoch zwei weitere Fälle, die die Testierfreiheit einschränken können. Dazu gehören Erbverträge und gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern.

Erbverträge können ausschließlich mit Zustimmung aller am Erbvertrag beteiligten Personen zu deren Lebzeiten geändert werden.

Aber auch gemeinschaftliche Testamente zwischen Ehegatten haben eine erhöhte Bindungswirkung, da sie gemeinsam erstellt worden sind. Ein Ehegatte kann die Erklärung durch Widerruf in Form einer notariell beurkundeten Erklärung widerrufen. Diese Erklärung muss dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner jedoch noch zu Lebzeiten zugehen.

Schwierig wird es, wenn gemeinschaftliche Testamente nach dem Tod eines Ehegatten beziehungsweise Lebenspartners geändert werden sollen, wenn das Testament eine sogenannte wechselbezügliche Bindung entfaltet.

Gemäß § 2270 BGB sind wechselbezügliche Verfügungen solche „von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde“. Bei solchen Verfügungen steht ein starkes Abhängigkeitsverhältnis. Es ist dann oft so, das der eine Ehegatte die Verfügung nicht getroffen hätte, wenn nicht etwas zu seinen Gunsten verfügt worden wäre.

Bei Wechselbezüglichkeit ist es daher dem anderen Ehegatten nicht möglich, nach dem Tod des einen neu zu verfügen. Wenn man die Wechselbezüglichkeit daher ausdrücklich nicht möchte und der Ehegatte nach dem Tod des anderen neu verfügen soll, muss dies ausdrücklich im Testament deutlich gemacht werden.

Wenn dies nicht ausdrücklich im Testament aufgenommen worden ist, muss die Wechselbezüglichkeit durch Auslegung des Testamentes ermittelt werden. Hier kommt es ausschließlich auf den Willen des betreffenden Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. Um den Willen des betreffenden Ehegatten herauszufinden, kommt es auf äußere Umstände, wie zum Beispiel mündliche Äußerung, Schriftwechsel oder Notizen an.

Führt diese Auslegung nicht zu einem Ergebnis, gilt die gesetzliche Vermutung. Grundsätzlich geht man von Wechselbezüglichkeit bei gemeinschaftlichen Testamenten aus. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, die gegen die Vermutung einer Wechselbezüglichkeit sprechen können. In der Rechtsprechung ist es anerkannt, dass bei unterschiedlichen Vermögensverhältnissen von Ehegatten bzw. Lebenspartnern durchaus die Wechselbezüglichkeit in Frage stehen kann.

Gemäß § 2268 Abs. 1 BGB ist ein gemeinschaftliches Testament unwirksam, wenn die Ehe geschieden wird. Sind jedoch in dem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen getroffen worden, die genau den Fall der Ehescheidung betreffen, können diese Verfügungen aufrecht erhalten bleiben. Es ist immer der genaue Einzelfall zu prüfen.

Die Wechselbezüglichkeit von gemeinschaftlichen Testamenten sind sehr problematisch und können im Streitfall zu Schwierigkeiten führen.

Trotzdem stellen gemeinschaftliche Testamente eine praktische Möglichkeit für Ehegatten dar, die ihren Nachlass gemeinsam regeln wollen.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn familiäre Besonderheiten bestehen. Hier sollte genau beachtet werden, ob die Testierenden die wechselbezügliche Bindung wünschen oder nicht. Es ist empfehlenswert, diesen Passus ausdrücklich mit im Testament aufzunehmen.

Wenn der überlebende Ehegatte nach dem Tod des anderen neu heiratet, so sollte die Witwe des Überlebenden Ehegatten hinsichtlich des gemeinschaftlichen Testamentes ihres verstorbenen Mannes mit seiner verstorbenen Frau an die Anfechtung eines solchen Testamentes denken.

Bitte beachten Sie, dass jeder Fall individuell geprüft werden muss.

Die Rechtsanwälte Mareike Paetow und Gabriele Witten stehen Ihnen beratend auf dem gesamten Gebiet des Erbrechts zur Verfügung.

Ein weiterführender Artikel kann hier nachgelesen werden.