Familienrecht: Unterhalt in Zeiten der Corona-Pandemie

Birgit Niepmann, Direktorin am Amtsgericht Bonn, hat in der Neuen Zeitschrift für Familienrecht (NZFam) im Heft 09/2020 einen interessanten Aufsatz über die Abänderung von Unterhalt in Zeiten der Corona-Pandemie geschrieben.

Auch wir möchten an dieser Stelle einen Überblick darüber geben.

Viele Arbeitnehmer und Selbständige haben momentan ein geringeres Einkommen. Sei es, da sie in Kurzarbeit sind oder sie ihr Geschäft nicht bzw. nicht wie gewohnt öffnen können. So kommt es naturgemäß zu Einkommenseinbußen.

Nun stellt sich für die Betroffenen die Frage, ob die Zahlung des Unterhalts ganz oder teilweise abgeändert werden kann.

Grundsätzlich wird der Unterhalt anhand eines in der Vergangenheit erzielten durchschnittlichen Einkommens berechnet. Bei Selbstständigen werden dafür die Einkünfte der letzten drei Kalenderjahre zugrunde gelegt, bei Angestellten ist es lediglich das letzte Kalenderjahr.

Da es bei Selbständigen häufiger zu Einkommensschwankungen kommt, wird hier ein längerer Zeitraum berücksichtigt.

Auf den ersten Blick könnte das Hilfspaket der Bundesregierung eine Lösung sein. So bekommen Selbständige vorübergehend eine finanzielle Unterstützung, die auch nicht zurückgezahlt werden muss. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Verlust für Selbständige ein zu großes Ausmaß annimmt, und betriebliche Kosten weiterhin bezahlt werden können. Private Verpflichtungen sollen durch die Soforthilfe jedoch nicht bezahlt werden.

Außerdem wird der Umsatz durch die Soforthilfe erhöht, sodass sich durchschnittlich immer noch ein ähnliches Einkommen ergeben könnte und der Unterhalt auch deshalb nicht abgeändert werden muss.

Auch das Kurzarbeitergeld, dass momentan viele Arbeitnehmer bekommen, ist als Ersatz für den Lohn gedacht, sodass es unterhaltsrechtlich berücksichtigt wird.

In der Berechnung des Unterhalts würde eine zum jetzigen Zeitpunkt vorliegende Schwankung somit evtl. erst im kommenden Jahr Berücksichtigung finden.

Eine Ausnahme zur praktizierten Berechnung des Unterhalts mittels Durchschnittseinkommen wird nur dann gemacht, wenn die durchschnittliche Berechnung keinen zuverlässigen Schluss auf die Höhe des laufenden Einkommens zulässt.

Dies ist jedoch auch nur dann der Fall, wenn sich das Einkommen z.B. langfristig nicht erholt. Wenn es dies jedoch tut, würde es sich in der durchschnittlichen Berechnung nicht auswirken und das geringere Einkommen während der Corona-Pandemie hätte keine Auswirkung auf die Höhe des Unterhalts.

Eine solche Schwankung kann erst dann Berücksichtigung finden, wenn die Einkommensentwicklung abgeschlossen ist. Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, die Corona-Zeit also vorüber ist und sich die Einkommenssituation wieder normalisiert hat, kann momentan jedoch nicht eingeschätzt werden.

Die Autorin hat dies sehr passend zusammengefasst. Laut Niepmann wäre die Corona-Pandemie kein Problem der Berechnung, sondern ein Problem der Liquidität.

Für die andere Seite, nämlich die Unterhaltsberechtigten, bleibt als einzige Möglichkeit, wenn kein Unterhalt mehr gezahlt wird, die Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen.

Grundsätzlich sieht die aktuelle rechtliche Situation keine sofortige bzw. schnelle Anpassung der Höhe des Unterhalts vor.

Die Höhe des Unterhalts bleibt jedoch immer eine Einzelfallentscheidung und auch Einzelfallberechnung, weshalb die Grundsätze nicht auf jeden Fall übertragbar sind.

Für weitere Fragen oder Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht nehmen Sie gern Kontakt mit der Kanzlei Witten in Hamburg-Harburg auf.