Familienrecht: Vater muss WhatsApp von den Mobilgeräten seiner Kinder entfernen

Aus dem Familienrecht:

Das Familiengericht Bad Hersfeld hat in einem Beschluss vom 22.07.2016 (Aktenzeichen F 361/16 EASO) einen Vater dazu verpflichtet, Whatsapp und ähnliche Programme von den Smartphones seiner minderjährigen Töchter zu entfernen.

Hintergrund war, dass ein Freund des Vaters, seinen  minderjährigen Töchtern über einen längeren Zeitraum Nachrichten über die Kommunikationsplattform Whatsapp in vergleichbare Programme sexualisierten Inhaltes geschrieben hatte. Die ältere Tochter erstattete im Mai 2016 Strafanzeige gegen den Freund ihres Vaters wegen des Verdachtes der sexuellen Belästigung.

Nach der Scheidung der Eltern hatten die im Jahre 2000 und 2005 geborenen Mädchen zunächst bei der Kindesmutter gelebt. Nach einiger Zeit zogen sie jedoch zu ihrem Vater.

Als die Kindesmutter von den Vorwürfen erfuhr, beantragte sie die Übertragung der elterlichen Sorge für beide Töchter auf sich allein. Gemäß § 1666 BGB verhängte  das Familiengericht jedoch gegenüber dem Vater die Auflage, dass er die App Whatsapp und ähnliche Programme von den Smartphones seiner minderjährigen Töchter entfernen müsse, um diese vor den weiteren Belästigungen zu schützen. Gemäß § 1666 BGB kann das Gericht solche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls treffen. Von einer solchen Gefährdung ging das Gericht vorliegend aus. Die Kindesmutter zog darauf hin ihren Antrag auf die alleinige elterliche Sorge zurück.

Das Gericht stellte klar, dass es sich bei den permanenten sexuellen Belästigungen über Whatsapp, die über einen Zeitraum von 12 Monaten andauerten, um einen starken Eingriff in das Wohlbefinden der Schwestern handelte. Die  Kinder seien durch diese Belästigungen stark negativ beeinträchtigt worden. Im Übrigen stelle für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre die Nutzung von Whatsapp grundsätzlich eine Gefahr für ihre Privatsphäre und ihre Entwicklung dar. Anders kann dies nur zu beurteilen sein, wenn den Kindern vor Nutzung solcher Programme ein verantwortungsvoller Umgang mit den Funktionen und Risiken gezeigt wird und wenn sie bereits geistig in der Lage und vorausschauend sind auch die Nutzung voll und ganz zu verstehen. Dies ist bei Kindern unter 16 Jahren jedoch üblicher Weise nicht der Fall.

Im vorliegenden Fall war das Gericht weiter der Ansicht und wies die Eltern darauf hin, dass Smartphones aufgrund der komplexen technischen Möglichkeiten und der Nutzung des Internets nicht einfach als elektronisches Spielzeug bewertet können, welches Kindern ohne eine Erklärung und Überwachung ausgehändigt werden könnte. Verantwortungsvolle Eltern müssten vielmehr für den Fall, in den sie Kindern solche Geräte überlassen, stets dafür sorgen, dass sich die Kinder mit den möglichen Risiken und Gefahren an den Smartphones umgehen können und dies auch richtig einschätzen können. Eine Möglichkeit Kindern vor den Gefahren der Digitalisierung und insbesondere der Nutzung von Smartphones mit Internetzugang zu sichern, könne die Installation einer digitalen Kindersicherung darstellen.

Der Kindesvater ist im Übrigen verpflichtet worden, gegenüber dem Familiengericht nachzuweisen, dass er den in dem Beschluss geregelten Auflagen nachgekommen ist.

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